Krankenhaus-Report 2016

Schwerpunkt: Ambulant im Krankenhaus

Krankenhäuser beschränken sich seit langem nicht mehr auf die rein stationäre Leistungserbringung, sie erbringen zunehmend auch ambulante Behandlungen. So ist in den letzten Jahren eine Vielzahl ambulanter Leistungsbereiche an Krankenhäusern mit unterschiedlichen Zielrichtungen entstanden, etwa um Versorgungslücken zu schließen, die Ambulantisierung stationärer Leistungen voranzubringen oder die spezifisch deutsche Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung überwinden zu helfen. Damit stellt sich verstärkt die Frage, wie sich diese neuen Versorgungsformen in die Gesundheitsversorgung in Deutschland einfügen.

Inhaltsverzeichnis

Teil I Schwerpunktthema: Ambulant im Krankenhaus

Ambulante Krankenhausleistungen – ein Überblick, eine Trendanalyse und einige ordnungspolitische Anmerkungen

Wulf-Dietrich Leber und Jürgen Wasem

Die spätestens mit dem Gesetz über Kassenarztrecht 1955 implementierte rigide Trennung zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor ist in den vergangenen 25 Jahren in vielen Einzelschritten vom Gesetzgeber aufgebrochen worden. Beispiele sind vor- und nachstationäre Behandlung, ambulantes Operieren, diverse Institutsambulanzen, jüngst die ambulante spezialfachärztliche Versorgung. Dieser gesundheitspolitische Trend folgte jedoch keinem übergeordneten Konzept. Vielmehr wurden für einzelne Fragen der Gesundheitsversorgung an der Schnittstelle des ambulanten und stationären Sektors jeweils ad hoc spezifische Lösungen geschaffen. Im Ergebnis stehen daher diverse Versorgungsangebote vergleichsweise inkonsistent nebeneinander; identische Leistungen werden je nach Regelungskreis unterschiedlich vergütet. Notwendig ist daher ein einheitlicher Ordnungsrahmen für die ambulante fachärztliche Versorgung. Er muss die Bereiche Bedarfsplanung, Qualitätssicherung, Innovationsregeln und Vergütung umfassen. Wahrscheinlich ist, dass die Ausgestaltung der gemeinsamen Selbstverwaltung übergeben wird.

Ambulante Leistungen von Krankenhäusern im europäischen Vergleich

Alexander Geissler, Wilm Quentin und Reinhard Busse

Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern Europas werden in Deutschland ambulante Leistungen traditionell zumeist außerhalb von Krankenhäusern erbracht. Ein internationaler Vergleich der Ausgaben für die ambulante Versorgung im Krankenhaus (in Deutschland 2,8 Prozent, in Portugal 39,8 Prozent), des Anteils der im Krankenhaus beschäftigten Ärzte, des Anteils an Tagesfällen und der Organisation der fachärztlichen Versorgung machen dies deutlich. Beispielhaft zeigt sich die hiermit einhergehende Problematik in der Notfallversorgung. Notaufnahmen der Krankenhäuser werden oftmals auch in weniger dringlichen Fällen in der Erwartung einer raschen ärztlichen Behandlung aufgesucht. Internationale Erfahrungen zeigen, dass Maßnahmen zur besseren Patientensteuerung wie die Einrichtung von vernetzten und integrierten Telefonzentralen, die Ausweitung von Angeboten außerhalb regulärer Sprechzeiten und die Schaffung von Strukturen für weniger dringliche Fälle innerhalb oder im Umfeld von Krankenhäusern helfen können, die Notaufnahmen zu entlasten. Derartigen innovativen und sektorenübergreifenden Versorgungsstrukturen steht jedoch die fehlende Harmonisierung von sektoralen Vergütungs- und Planungsstrukturen in Deutschland entgegen.

Ambulante Notfallversorgung an Krankenhäusern und durch ambulante Leistungserbringer

Hendrik Dräther und Carina Mostert

Im Rahmen der ambulanten Notfallversorgung werden bundesweit schätzungsweise mehr als 18,6 Prozent der GKV-Versicherten pro Jahr behandelt. Auf Basis von AOK-Abrechnungsdaten des Jahres 2013 für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern werden regionale Unterschiede sichtbar: In Berlin werden zum Beispiel 20,8 Prozent der AOK-Versicherten mindestens einmal im Jahr ambulant notfallversorgt, in Mecklenburg-Vorpommern dagegen 14,4 Prozent. Formal obliegt die Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung zwar den Kassenärztlichen Vereinigungen, allerdings werden – gemäß den Hochrechnungen – mehr ambulante Notfälle an Krankenhäusern als von Vertragsärzten versorgt. In Berlin und Brandenburg rechnen die Krankenhäuser sogar circa drei Viertel der ambulanten Notfälle ab. Zudem weisen einzelne Krankenhäuser mehr ambulante Notfälle als vollstationäre Aufnahmen auf. Erwartungsgemäß nehmen die GKV-Versicherten die ambulante Notfallversorgung vor allem am Wochenende in Anspruch und suchen Krankenhäuser insbesondere bei „Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen“ auf. Der Versorgungsschwerpunkt ambulanter Ärzte liegt dagegen bei Krankheiten des Atmungssystems. Knapp 15 Prozent der Notfallpatienten, bei denen ambulante Ärzte medizinische Hilfe leisten, werden am gleichen Tag auch im Krankenhaus ambulant notfallversorgt oder stationär aufgenommen.

Psychiatrische Institutsambulanzen – Erste Schritte zur Transparenz im Rahmen der Psych-Entgeltreform

Olaf Neubert und Marcel Richter

Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) nach § 118 SGB V haben einen spezifischen Versorgungsauftrag für schwer und chronisch psychisch Kranke, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung eines besonderen krankenhausnahen Versorgungsangebotes bedürfen. Vor 40 Jahren wurden im Rahmen der Umsetzungsempfehlungen der Psychiatrie-Enquete erstmals psychiatrische Fachkrankenhäuser ermächtigt. Der Beitrag zeigt die bestehenden gesetzlichen und vertraglichen Regelungen (Patientenzugang, Versorgungsrolle, Vergütung etc.) in ihrer Entwicklung auf. Der empirischen Teil widmet sich dem Leistungsspektrum der PIAs (auf Basis von Paragraph-21-Daten) und den regionalen Unterschieden in Art und Umfang der Patientenversorgung. Außerdem werden die Behandlungspfade „Stationär“ und „Ambulanz“ untersucht sowie die Frage der „Grenzziehung“ zwischen den Leistungsbereichen diskutiert. Abschließend erfolgt eine Einordnung mit Blick auf die Vergütungsreform der psychiatrischen und psychosomatischen stationären Behandlung.

Hochschulambulanzen

Antonius Reifferscheid, Jürgen Wasem und Dominik Thomas

Dieser Beitrag wirft einen Blick auf die ambulante Versorgung in den Hochschulambulanzen (HSA). Mit 3,5 Millionen Fällen und einem Erlösvolumen von gut 0,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 stellen sie eine wichtige Säule in der ambulanten universitären Versorgung dar. Gemäß der bisherigen Gesetzgebung hatten die HSA nur die Berechtigung im für die Lehre und Forschung erforderlichen Umfang Patienten ambulant zu versorgen. Dennoch übernahmen die HSA in den letzten Jahren zunehmend Aufgaben bei der ambulanten Behandlung von Patienten mit schweren Erkrankungen. Diese bisherige Versorgungspraxis wurde im Juli 2015 durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) gesetzlich legitimiert. Vor dem Hintergrund dieser Gesetzesänderung wurde zuletzt intensiv über die Aufgabenbereiche, aber auch über die Finanzierung der HSA diskutiert. Auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten soll in diesem Beitrag ein differenzierter Überblick über die Versicherten- und Versorgungsmerkmale in den HSA gegeben werden. Insbesondere werden in diesem Zusammenhang der Zugang, das Diagnose- sowie Prozedurenspektrum und die Vergütung der HSA näher analysiert.

Ambulante spezialfachärztliche Versorgung gemäß § 116b SGB V

Regina Klakow-Franck

Das entscheidende Potenzial zur Optimierung der Patientenversorgung liegt in interdisziplinär-berufsgruppenübergreifender Abstimmung und sektorenübergreifender Strukturierung der Versorgung. Die Einführung der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) durch Neufassung des Paragraphen 116b SGB V im Rahmen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes aus dem Jahr 2012 stellte den einzigen gesetzgeberischen Impuls in diese Richtung in der vergangenen Legislaturperiode dar. Als untergesetzlichem Normgeber obliegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Ausgestaltung dieses neuen sektorenübergreifenden Leistungsbereichs. Die Umsetzung wird erschwert durch den gesetzgeberischen Zielkonflikt zwischen leistungserbringerfreundlichen Vorgaben einerseits und der Sorge vor einer unkontrollierbaren Ausgabenentwicklung andererseits. Mit dem zum 23. Juli 2015 in seinen wesentlichen Teilen in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurden weitere Änderungen der ASV in Gang gesetzt. Der G-BA hat die ASV als lernendes System angelegt und die neue ASV-RL seit 2013 kontinuierlich weiterentwickelt. Die sektorunterschiedlichen Rahmenbedingungen und Besonderheiten, die für ASV-Leistungserbringer jeweils maßgeblich sind, stellen jedoch limitierende Faktoren für eine erfolgreiche Einführung dieses sektorenübergreifenden Leistungsangebots dar.

MVZ im Krankenhaus

Bernhard Gibis, Matthias Hofmann und Susanne Armbruster

Mit der Einrichtung von MVZ im Jahre 2004 hat der Gesetzgeber eine weitere Teilnahmemöglichkeit von Krankenhäusern an der vertragsärztlichen Versorgung geschaffen. Von 2.073 zugelassenen MVZ Ende 2014 wurden 843 durch Krankenhäuser gegründet. Schwerpunkte der Tätigkeit beziehen sich auf die fachärztliche, weniger auf die hausärztliche Versorgung. Wie MVZ insgesamt sind Krankenhaus-MVZ in Verdichtungsräumen und weniger in strukturschwachen Regionen angesiedelt. 99 Prozent aller in Krankenhaus-MVZ tätigen Ärzte sind als Angestellte tätig, weit über die Hälfte (65 Prozent) in Teilzeit. Nach Jahren stetigen Wachstums flacht die Kurve der MVZ-Neugründungen zwar ab, das MVZ hat sich jedoch als Strukturvariante der ambulanten Versorgung – auch für Krankenhäuser – fest etabliert.

Ambulante Operationen im Krankenhaus

Jörg Friedrich und Hanna Tillmanns

In den über 20 Jahren seit der Öffnung der Krankenhäuser für das ambulante Operieren waren es vor allem die Entwicklungen in einer relativ kurzen Zeitspanne Mitte der 2000er-Jahre, die zum aktuellen Niveau führten. Aktuell ist – auch nach der weitergehenden Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Leistungserbringung der letzten Jahre – der AOP-Bereich immer noch das ambulante Leistungssegment mit der höchsten Relevanz für Krankenhäuser mit somatischen Fachabteilungen, was den Gesamtumsatz und die Zahl der beteiligten Einrichtungen betrifft.

Die Top 20 AOP-Leistungen der Krankenhäuser werden, in Abhängig von der Art der Leistung und der Komplexität der Behandlungszusammenhänge, im Jahr 2014 zu unterschiedlichen Anteilen stationär erbracht. Des Weiteren gibt es bei den stationären Krankenhausfällen immer noch relevante Anteile von Fällen mit sehr kurzer Verweildauer, was auf ein nicht realisiertes Ambulantisierungspotenzial hindeutet. AOPs sind zum überwiegenden Teil planbare Leistungen, der daraus generierte Erlös spielt in den meisten Krankenhäusern eine untergeordnete Rolle.

Die Krankenhäuser erbringen ungefähr ein Viertel aller AOP und spielen damit eine wichtige Rolle in der Versorgung der Versicherten. Die Arbeitsteilung zwischen niedergelassenen Vertragsärzten, AOP am Krankenhaus und stationärer Leistung variiert allerdings zwischen den Leistungen stark. Der Anteil der an Krankenhäusern vorgenommenen AOPs schwankt zwischen sechs und 59 Prozent.

Krankenhausaufenthalte infolge ambulant-sensitiver Diagnosen in Deutschland

Leonie Sundmacher und Wiebke Schüttig

Dem Konzept der ambulant-sensitiven Diagnosen liegt die Annahme zugrunde, dass Krankenhausfälle infolge bestimmter Diagnosen durch effektives Management chronischer Erkrankungen, effektive Akutbehandlungen im ambulanten Sektor oder Immunisierungen vermieden werden können. Innerhalb eines Konsensprozesses wurde eine Liste ambulant-sensitiver Diagnosen (ASD) zusammengestellt, die für das deutsche Gesundheitssystem abgestimmt ist. Vierzig Ärzte aus allen für die Behandlung von ASD relevanten medizinischen Disziplinen nahmen an der Delphi-Befragung teil. Die vorgeschlagene Kernliste umfasst 22 Diagnosegruppen, die 90 Prozent aller Krankenhausfälle infolge ASD sowie Hospitalisierungen mit mindestens 85 Prozent Vermeidbarkeit durch einen effektiven ambulanten Sektor abdeckt. Von den 18,6 Millionen Krankenhausfällen in Deutschland im Jahr 2012 stuften die Teilnehmer der Delphi-Befragung 5,04 Millionen Krankenhausfälle als ambulant-sensitiv ein. Hiervon wurden 3,72 Millionen als tatsächlich vermeidbar bewertet. Die am häufigsten genannte Strategie zur Reduzierung von Krankenhausfällen infolge ASD ist die Verbesserung kontinuierlicher Behandlung im ambulanten Sektor. Der Ressourcenverbrauch der tatsächlich vermeidbaren Krankenhausfälle wird auf 7,2 Milliarden Euro geschätzt. Es wird angenommen, dass dieser Ressourcenverbrauch durch Veränderungen der Versorgungsstrukturen und geeignete Maßnahmen des Qualitätsmanagements reduziert werden könnte. Mögliche Einsparungen, die durch eine niedrigere Rate von Krankenhausfällen infolge ambulant-sensitiver Diagnosen erzielt werden könnten, werden in dem vorliegenden Beitrag jedoch nicht beziffert.

Die fachärztliche Ausstattung der ambulanten Versorgung im Krankenhaus

Max Geraedts und Rike Kraska

Die Ausweitung der ambulanten Tätigkeiten der Krankenhäuser steht in der Diskussion. Während die Krankenhausgesellschaft diese Ausweitung für notwendig erachtet, sprechen die Kassenärzte den Krankenhäusern die Fähigkeit ab, den ambulanten Behandlungsbedarf qualifiziert decken zu können. Vor diesem Hintergrund wurde auf der Basis der Qualitätsberichte der Krankenhäuser untersucht, inwieweit Krankenhäuser in denjenigen Fachabteilungen, die ambulante Behandlungsmöglichkeiten vorhalten, durchgängig eine fachärztliche Versorgung garantieren können. Die Analysen, die unter einer eingeschränkten Datenvalidität zu interpretieren sind, weisen darauf hin, dass zwar 95 Prozent dieser Abteilungen eine zumindest ganzjährige, am Tag mindestens achtstündige fachärztliche Versorgung vorhalten, eine 24/7-Versorgung mit Fachärzten können jedoch 39 Prozent der Abteilungen nicht sicherstellen. Um die Patientensicherheit nicht zu gefährden, sollte die Mindestpersonalausstattung der Krankenhäuser mit ambulanten Behandlungsmöglichkeiten festgelegt werden.

Behandlungswege in der Transplantationsmedizin – Herausforderungen bei der Bewältigung von ambulanten und stationären Schnittstellen

Lena Harries, Harald Schrem, Christian Krauth und Volker Eric Amelung

Die Transplantationsmedizin ist ein Beispiel für eine medizinische Interaktion zwischen den Sektoren und verschiedenen Institutionen. Der Behandlungsverlauf umfasst neben transinstitutionellen und -sektoralen Versorgungsstrukturen die Einbindung von verschiedensten Fachdisziplinen. Eine patientenorientierte kontinuierliche Behandlung wird durch Schnittstellen-Problematiken zwischen den Sektoren sowie bestehende Versorgungsbrüche und fehlende Informationsflüsse wesentlich erschwert. Zur verbesserten Kooperation und Koordinierung mit funktionierendem Informationsaustausch zwischen den Akteuren und sinnvoll aufeinander abgestimmten Prozessketten bedarf es einer stärkeren integrierten Versorgung mit sektoren- und berufsfeldübergreifenden Versorgungsstrukturen.

Neuordnung der fachärztlich-ambulanten Versorgung

Jürgen Malzahn und Klaus Jacobs

Reformen der Versorgungsstrukturen zur Verbesserung von Bedarfsgerechtigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit der GKV-finanzierten Versorgung zählen zu den Daueraufgaben des Gesetzgebers. Dieser springt dabei jedoch regelmäßig zu kurz, weil die institutionelle Versorgerperspektive eine konsequente Patientensicht dominiert. Das gilt nicht nur sektorübergreifend, sondern speziell auch für den Bereich der fachärztlich-ambulanten Versorgung, der aktuell durch ein ungesteuertes Neben- und Durcheinander von vertragsärztlicher Leistungserbringung und vielfältigen ambulanten Leistungen von Krankenhäusern gekennzeichnet ist. Deshalb wird in dem Beitrag für eine grundlegende Neuordnung der fachärztlich-ambulanten Versorgung plädiert sowie ein zweistufiges Konzept entwickelt. Während Stufe 1 zentrale allgemeine Vorbedingungen betrifft – unter anderem Festlegungen zur populationsbezogenen Bedarfsplanung und zum Vergütungssystem –, werden für Stufe 2 zwei alternative Umsetzungsmodelle vorgestellt: ein Zulassungsmodell mit Kontrahierungszwang, das sich stärker am bestehenden Ordnungsrahmen der stationären Versorgung orientiert, und ein vertragswettbewerbliches Modell mit Angebotspflicht der Krankenkassen.

Gemeinsam Klug Entscheiden – eine Initiative für die Gesundheitsversorgung in Deutschland?

David Klemperer, Ina Kopp und Monika Nothacker

Im Jahr 2011 wurde in den USA die Choosing-Wisely-Initiative gestartet, um eine offene Diskussion des Themas Überversorgung bei Leistungserbringern und Patienten zu fördern. Dazu wurden Top-5-Listen von verzichtbaren Diagnosen, Behandlungen und Verordnungen aus den jeweiligen Fachdisziplinen erstellt, bei denen eine Überversorgung vermutet wird beziehungsweise feststeht. Die Choosing-Wisely-Empfehlungen sollen evidenzbasiert sein und besonders häufige Erkrankung beziehungsweise besonders kostspielige Verfahren abdecken. Der Beitrag stellt die internationale Choosing-Wisely-Initiative dar und diskutiert, warum der Initiative in Deutschland ein eigenes Gesicht gegeben wurde: „Gemeinsam Klug Entscheiden – Eine Initiative der AWMF und ihrer Fachgesellschaften“.

Teil II Zur Diskussion

Qualität der poststationären Arzneimittelversorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz

Tobias Freund, Bettina Gerste und Elke Jeschke

Die Herzinsuffizienz gehört in Deutschland seit Jahren zu den häufigsten Ursachen für stationäre Krankenhausaufenthalte. Seit 2009 steht mit der Nationalen Versorgungsleitlinie Herzinsuffizienz eine evidenzbasierte Handlungsempfehlung zur Versorgung der betroffenen Patienten zur Verfügung, auf deren Basis das QISA-Indikatorenset Herzinsuffizienz für die ambulante Versorgung entwickelt wurde. Auf Basis von Routinedaten aller im Jahr 2012 bei der AOK abgerechneten Fälle mit einem Klinikaufenthalt mit dem Behandlungsanlass Herzinsuffizienz wurden die Indikatoren ACE-Hemmer/AT1-Blocker-Therapie, Betablockergabe und Antikoagulation bei Vorhofflimmern errechnet. Zusätzlich erfolgte eine Analyse der regionalen Varianz sowie möglicher Einflussfaktoren auf den Erfüllungsgrad der Indikatoren. Dabei zeigt sich ein insgesamt hoher Erfüllungsgrad für den Indikator ACE-Hemmer/AT1-Blocker-Therapie sowie ein moderater Erfüllungsgrad für die Indikatoren Betablocker beziehungsweise orale Antikoagulation bei Vorhofflimmern. Es bestehen deutliche regionale Unterschiede sowie insgesamt niedrigere Erfüllungsgrade bei älteren Patienten beziehungsweise Patienten mit psychiatrischer Komorbidität. In der Konsequenz besteht auch unter Berücksichtigung möglicher Kontraindikationen Potenzial für die Optimierung der poststationären medikamentösen Therapie bei Patienten mit Erstaufenthalt aufgrund von Herzinsuffizienz, welchem im Rahmen geeigneter Qualitätsförderungsmaßnahmen Rechnung getragen werden sollte.

Bedarfsgerechtigkeit zur Vermeidung von Über-, Unter- und Fehlversorgung im Krankenhaussektor

Boris Augurzky, Andreas Beivers und Niels Straub

Die heutige Krankenhausstruktur muss sich an die zukünftigen Bedürfnisse anpassen und die Versorgungskapazitäten in städtischen wie auch in ländlichen Regionen bedarfsgerecht bestimmen. Bedarfsgerechtigkeit muss das übergeordnete Ziel für die Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen und damit auch bei der Krankenhausplanung sein. Hier ist jedoch die subjektive von der objektiven Bedarfsgerechtigkeit zu unterscheiden. Eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung sollte demnach auch den subjektiven Bedarf der Patienten entsprechend berücksichtigen. Ein Kriterium ist die Indikationsqualität, ein weiteres sind die Präferenzen der Patienten bei der Auswahl eines Krankenhauses. Auf der Ebene des objektiven Bedarfs ist es hingegen wichtig, das Risiko von qualitativer Fehlversorgung wie nicht fachgerechten Leistungen, Unter- und Überversorgung zu minimieren. Dafür bedarf es geeigneter Methoden des Monitorings, die im RWI-Gutachten „Krankenhausplanung 2.0“ detailliert erarbeitet wurden und auszugsweise dargestellt werden. Insbesondere der Bereich des systematischen Monitorings von Überversorgung ist komplex. Aufgrund regional heterogener Nachfragestrukturen kann beispielsweise mithilfe eines Bedarfsindexes überprüft werden, in welchen Regionen die Behandlungshäufigkeiten nicht durch einen erhöhten Bedarf erklärbar sind.

Teil III Krankenhauspolitische Chronik

Krankenhauspolitische Chronik

Dirk Bürger und Christian Wehner

Teil IV Daten und Analysen

Die Krankenhausbudgets 2013 und 2014 im Vergleich

Carina Mostert, Jörg Friedrich und Gregor Leclerque

Der vorliegende Beitrag untersucht die vereinbarte Budgetentwicklung für 1.368 Krankenhäuser der Jahre 2013 und 2014. Im Ergebnis sind die Krankenhausbudgets für diese Einrichtungen ausgleichsbereinigt um 4,4 Prozent gestiegen, was einem Mittelzuwachs von circa 2,6 Milliarden Euro entspricht. Damit deckt sich die Budgetentwicklung weitestgehend mit den Eckwerten des Vorjahres. Der entscheidende Faktor war auch in diesem Jahr die Preisdeterminante, maßgeblich getrieben vom Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung (Beitragsschuldengesetz). Insbesondere die Regelungen zum Versorgungszuschlag und die Änderungen zur Ermittlung der Obergrenze für die Preisentwicklung in den Landesbasisfallwerten führten zu einem ausgleichsbereinigten Preiseffekt von 2,9 Prozent. Wie im Vorjahr hatte die vereinbarte Mengenveränderung mit einem Plus von 1,5 Prozent eine geringere Bedeutung für die Budgetentwicklung als während der Konvergenzphase und im direkten Anschluss.

Statistische Krankenhausdaten: Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser 2013

Ute Bölt

Dieser Beitrag fasst die Ergebnisse der Krankenhausstatistik zu den Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser für das Berichtsjahr 2013 zusammen. Er gibt einen Überblick über die sachlichen und personellen Ressourcen (zum Beispiel Betten, Fachabteilungen, Personal) sowie die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen (Patientenbewegungen) und beziffert die Aufwendungen für Personal und Sachkosten. Die Krankenhausstatistik ist eine seit 1991 bundeseinheitlich durchgeführte jährliche Vollerhebung. Auskunftspflichtig sind die Träger der Krankenhäuser. Die Diagnosedaten der Krankenhauspatienten werden wie die fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) jeweils in einem gesonderten Beitrag behandelt (siehe Kapitel 19–20).

Statistische Krankenhausdaten: Diagnosedaten der Krankenhäuser 2013

Torsten Schelhase

Die Diagnosen der Krankenhauspatienten bilden das gesamte vollstationäre Geschehen in den deutschen Krankenhäusern ab. Dieser Beitrag beschreibt die Ergebnisse der Diagnosedaten der Krankenhauspatienten für das Jahr 2013. Diese amtliche Statistik wird seit 1993 jährlich als Vollerhebung durchgeführt, alle Krankenhäuser in Deutschland sind auskunftspflichtig. Erfasst werden alle Patienten, die im Berichtsjahr aus der vollstationären Behandlung eines Krankenhauses entlassen werden. Im Jahr 2013 waren dies knapp 19,2 Millionen Patienten, damit ist die Fallzahl im Vorjahresvergleich erneut angestiegen. Die Ergebnisse der Diagnosen werden nach wichtigen Indikatoren wie Hauptdiagnosen, Alter, Geschlecht und Verweildauer dargestellt. Aufgrund geschlechts- und altersspezifischer Morbiditätshäufigkeiten werden die Ergebnisse teilweise standardisiert und so um den demografischen Effekt bereinigt. Dadurch sind bevölkerungsunabhängige Aussagen möglich.

Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik: Diagnosen und Prozeduren der Krankenhauspatienten auf Basis der Daten nach § 21 Krankenhausentgeltgesetz

Jutta Spindler

Mit den DRG-Daten nach Paragraph 21 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) steht den Nutzerinnen und Nutzern im Rahmen des Angebots des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2005 neben den Grund- und Kostendaten und den Diagnosedaten der Krankenhäuser eine weitere wichtige Datenquelle zur Verfügung. Gegenstand dieses Beitrags sind zentrale Ergebnisse zur stationären Versorgung des Jahres 2013, die das Informationsspektrum der herkömmlichen amtlichen Krankenhausstatistik ergänzen und erweitern. Im Vordergrund stehen die Art und Häufigkeit durchgeführter Operationen und medizinischer Prozeduren sowie die Darstellung wichtiger Hauptdiagnosen, ergänzt um ihre jeweiligen Nebendiagnosen auch unter fachabteilungsspezifischen Gesichtspunkten der vollstationär behandelten Krankenhauspatientinnen und -patienten. Ausgewählte Ergebnisse zum erbrachten Leistungsspektrum der Krankenhäuser, insbesondere zur Art und zum Umfang der abgerechneten Fallpauschalen (DRGs), den Hauptdiagnosegruppen (MDCs) sowie zum Casemix (CM) und Casemix-Index (CMI), werden in diesem Beitrag ebenfalls dargestellt.

Teil V Krankenhaus-Directory

Krankenhaus-Directory 2014 DRG-Krankenhäuser im Vergleich

WIdO

Das diesjährige Directory deutscher Krankenhäuser stellt Eckdaten aus den Aufstellungen der Entgelte und Budgetermittlung (AEB) gemäß Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) dar. Den nachfolgenden Darstellungen liegen Vereinbarungsdaten und nicht die tatsächlich erbrachten Leistungen der jeweiligen Einrichtung zugrunde. Insgesamt finden 1.396 Krankenhäuser Eingang, zu denen eine Vereinbarung vorliegt.